Juliane Nagel: Koalitionspläne beschränken am Ende die Versammlungsfreiheit - Protest für Änderungen ist berechtigt

Heute demonstriert das Netzwerk „Versammlungsfreiheit verteidigen - Unsere Grundrechte sind nicht verhandelbar!“ vor dem Landtag gegen die Pläne der Koalition, das Versammlungsgesetz zu ändern (Drucksache 7/15266). Ab 14 Uhr wird der Gesetzesentwurf im Innenausschuss in öffentlicher Sitzung angehört. Die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel wird bei der Kundgebung sprechen und erklärt:

„Es ist gut, dass sich dieses Bündnis gebildet hat - die geplanten Änderungen am Versammlungsrecht, die CDU, Grüne und SPD planen, verdienen eine kritische öffentliche Debatte. Wir teilen die Befürchtung, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form am Ende nicht zu mehr, sondern zu weniger Versammlungsfreiheit führt. Einige Änderungen weiten die Versammlungsfreiheit aus, es überwiegen aber die einschränkenden Regelungen. Der ,Schutz der Versammlungsfreiheit‘ ist damit nicht gewährleistet. Dass SPD und Grüne sich dazu hinreißen lassen, das ohnehin restriktive sächsische Versammlungsrecht noch stärker an den Bedürfnissen von Polizei und Versammlungsbehörden auszurichten, ist ein Unding – Koalitionstreue kann nicht ständig in schlechten Kompromissen enden.

Die geplante ,Ordnerüberprüfung‘ könnte jährlich hunderte Versammlungen und tausende Ordnerinnen und Ordner betreffen. Das schreckt ab und ist geeignet, Versammlungen zu erschweren, zu verzögern oder zu vereiteln. Der Polizeivollzugsdienst erhält weitreichende Eingriffsbefugnisse und soll während Versammlungen regelmäßig an die Stelle der Versammlungsbehörde treten. So sind zwischenbehördliche Konflikte programmiert. Hiergegen haben wir auch verfassungsrechtliche Bedenken, da Versammlungsrecht und Polizeirecht aus gutem Grund nicht derart verschränkt sind. Zudem werden unnötige praktische Probleme geschaffen, z.B. indem bei der 48-Stunden-Frist für eine Versammlungsanzeige künftig Samstage, Sonn- und Feiertage außer Betracht bleiben. Das verlängert diese Fristen erheblich. Verfassungsrechtlich gilt ohnehin der Grundsatz, dass Versammlungen keiner Anmeldung bedürfen. Zudem wird das Störungsverbot differenziert geregelt. Der Entwurf schafft aber keine Rechtssicherheit, vor allem nicht für Beteiligte einer friedlichen Sitzblockade. Ob diese erlaubt wird, liegt künftig im Ermessen der Polizei - sie kann sogar strafbar werden, wenn sie zum Scheitern einer anderen Versammlung führt.

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit hat in einem freiheitlichen Staatswesen einen besonderen Rang: Es ist ein Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit der selbstbewussten Bürgerin und des selbstbewussten Bürgers. Das wollen wir als Linke stärken und nicht aushöhlen!“